Kritische Männlichkeitsforschung


Theologisches Fragen, Erzählen und Forschen legte jahrhundertelang einen Fokus auf männliche Lebens- und Erfahrungswelten. Eine kritische Reflexion dazu, wo und wie hier Maskulinität verkörpert und verhandelt wurde, erfolgte nicht.

„‚Männlichkeit‘ ist – soweit man diesen Begriff in Kürze überhaupt definieren kann – eine Position im Geschlechterverhältnis; die Praktiken, durch die Männer und Frauen diese Position einnehmen, und die Auswirkungen dieser Praktiken auf die körperliche Erfahrung, auf Persönlichkeit und Kultur.“
Raewyn Connell: Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeit, Opladen 1999, 91.

Die kritische Männlichkeitsforschung in der Theologie versteht sich in Tradition und Kontext der Feministischen Theologie und der Queer-Theologie und nimmt Männlichkeit als Geschlechts- und Machtkategorie ernst. Dazu gehört, androzentrische Traditionsmuster und die Verwobenheit von Männlichkeit und Herrschaft aufzudecken und kritisch zu hinterfragen. Ein weiteres Ziel besteht darin, anhand sozialwissenschaftlicher und historischer Forschungsergebnisse von Männlichkeitsnormen und -idealen abweichende Identitäten in Überlieferungen sichtbar zu machen, um daraufhin neue Perspektiven für christliches Denken und Leben anzuregen. Die exegetische Männlichkeitsforschung nimmt hegemoniale Männlichkeit und ihre Abweichungen in der antiken Welt wahr und zeigt auf dieser Grundlage neue Einsichten in die Bedeutung und Wirkungsgeschichte biblischer Texte auf.

Kim Sölter (M.Ed.) leistet hierzu am Institut für Feministische Theologie, Theologische Geschlechterforschung und soziale Vielfalt einen Beitrag. Neben ihrer Forschung zur Männlichkeit Jesu am Ende des Markusevangeliums hält sie kritische Perspektiven auf Männlichkeit durch Lehrveranstaltungen und Beiträge in Sozietäten an der KiHo im lebendigen theologischen Diskurs.

Eine ausführliche Literaturliste zu kritischer Männlichkeitsforschung und den Masculinity Studies in der Theologie stellen wir hier zur Verfügung.