Hegemoniale Männlichkeit


Der Begriff „hegemonialer Männlichkeit“ wurde durch die australische Soziologin Raewyn Connell geprägt. Der Begriff beschreibt ein System verschiedener einander zugeordneter Männlichkeiten (masculinities), die nicht in erster Linie durch die Geschlechtsidentität bestimmt sind, sondern durch Handlungsmuster:

Hegemoniale Männlichkeit stützt sich normativ auf Heterosexualität, auf die Möglichkeit, Gewalt einzusetzen, den Besitz an Produktionsmitteln und verfügt über einen privilegierten Zugang zu vielen Bereichen gesellschaftlicher Macht.

Komplizenhafte Männlichkeit umfasst all jene Männer, die zwar von der Geschlechterordnung profitieren, aber nicht mit den gesamten Risiken und Auseinandersetzungen konfrontiert sind.

Schwule Männlichkeit: Homosexualität markiert demnach eine Grenze zwischen als legitim und illegitim geltenden Formen von Männlichkeit

Marginalisierte Männlichkeit ist durch weitere Kategorien sozialer Ungleichheit definiert, und betrifft z.B. ‚Schwarze’ Männlichkeit, Angehörige unterprivilegierter Klassen, Arbeitslose.

Das System hegemonialer Männlichkeit basiert auf einem komplexen Unterdrückungsverhältnis: einem von Männern gegenüber Frauen und einem zwischen Männern untereinander. Das Konzept hegemonialer Männlichkeit ermöglicht es, diese Konstruktionen zu analysieren und die Machtstrukturen zwischen Männern zu erfassen.

Kritische Männlichkeitsforschung in der Theologie analysiert und erklärt, inwiefern religiöse Texte, Traditionen und Institutionen als Produkte von Männern gelesen werden müssen. Welche Vorteile, welche Schäden entstehen, wenn Männer ihre eigene Geschlechtlichkeit nicht sehen? Welche Männlichkeitsbilder werden in religiösen Ritualen, kirchlicher Praxis und heiligen Schriften gefördert oder verurteilt? Kritische Männerforschung ist transformativ insofern sie in Texten und Traditionen nach Brüchen und Umbrüchen in der Produktion von Männlichkeitsidealen sucht und sich bemüht, alternativen Visionen von Mannsein und Geschlechterverhältnissen Raum zu geben. Wo stecken im religiösen Material Spuren des Widerstands gegen hegemoniale Männlichkeiten? Wie lassen sich diese Spuren weiterverfolgen und ausbauen?

Literatur

Raewyn W. Connell, Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeit (1999), Opladen 4. Aufl. 2015.

Michael Meuser, Geschlecht und Männlichkeit. Soziologische Theorie und kulturelle Deutungsmuster, 3. Aufl. 2010.

Björn Krondorfer, Die Religion entdeckt den ‘Mann’: Kritische Männerforschung in Religion und Theologie”, in: Schlangenbrut(2011) 35-37.

von Prof.’in Dr. Claudia Janssen

Das gesamte Glossar zeigen