Dorothee Sölle war eine deutsche evangelische Theologin, die im 20. Jahrhundert internationale Bekanntheit erlangte. Sie wurde 1929 in Köln geboren und verstarb 2003 in Göppingen.
Auch außerhalb theologischer und philosophischer Kreise ist sie bis heute bekannt für ihr politisches Engagement, sei es im politischen Nachtgebet, als Feministin oder als den Menschen zugewandte Person, indem sie Geschichten von Menschen, die weniger gehört wurden, weitertrug, erzählte und hörbar machte.
Im Jahr 1949 begann sie ihr Studium der Philosophie und klassischen Philologie in Köln. Ab 1951 studierte sie Theologie und Germanistik in Freiburg und Göttingen und legte dort auch ihr Staatsexamen ab. Ihre Promotion 1954 verfasste sie zu „Nachtwachen des Bonaventura” und verband so die beiden Fächer Literatur und Theologie miteinander. Sie wurde 1971 an der philosophischen Fakultät in Köln habilitiert.
Nach ihrem Studium unterrichtete sie die Fächer Deutsch und Religion an einem Gymnasium und war als Journalistin, Universitätsassistentin und Studienrätin tätig.
1975–1987 war sie Professorin für Systematische Theologie in New York am Union Theological Seminary, am Lehrstuhl von Paul Tillich. In Deutschland und Europa selbst bekam sie einen Lehrauftrag in Mainz (1972–1975), eine Gastprofessur in Kassel, 1977 eine Ehrenpromotion der Faculté Protestante de Paris und 1994 eine Ehrenprofessur in Hamburg.
Außerhalb Deutschlands und Europas lernte sie Feminismus und auch die Bibel neu kennen. So definiert Sölle Feminismus als gemeinsamen Widerstand gegen die Kultur des Gehorsams und jede Form des Patriarchats. Sie entdeckte einen anderen Zugang zur Bibel auf ihren Reisen durch Lateinamerika, wo sie selbst bestimmte Kontexte sah, Situationen erlebte und Freundschaften schloss, wie die mit Nicaraguas Kulturminister Ernesto Cardenal im Jahr 1979. Befreiungstheologie wurde somit ein zentrales Thema für Sölles eigenes Theologietreiben, sodass sie diese Denkansätze mit der kritischen Suche nach Fragen und Antworten nach Europa brachte. Europäische Befreiunsgtheologie nach Sölle beschäftigt sich somit unter anderem mit den Themen des Friedens, der Frauen, der Ökologie, der Kluft zwischen Reich und Arm und der Gerechtigkeit, die Gottes Willen entspicht und versteht sich als Interkation mit Menschen.
Ihre Theologie wurde immer aus aktuellem Anlass betrieben und war somit von Politik untrennbar. So war sie Mitbegründerin des politischen Nachtgebetes, welches eine Verbindung von aktuellem Weltgeschehen mit Meditation, Diskussion und Aktion darstellte und erstmalig 1968 in Essen auf dem Katholikentag stattfand. Der kirchliche Rahmen und Kontext wurden genutzt, um gesellschaftliche Themen aktiv zu benennen. Denn für Sölle gehörten Glauben, Politik, das Beten und das Handeln zusammen: „Jeder theologische Satz muss auch ein politischer sein“. Für Sölle ist der gekreuzigte Christus stellvertretend präsent in und mit den Menschen, die den aktuellen Ungerechtigkeiten wie Leid, Armut und Krieg ausgesetzt sind. Sie engagierte sich aktiv für den Frieden in der Friedensbewegung, welche sich besonders in den 1980er Jahren gegen den NATO-Doppelbeschluss zur Nachrüstung starkmachte. Mit ihrer politischen Theologie und ihren Forderungen zu einem politischen Christentum prägte sie die Theologie nach Auschwitz und forderte in Ihrem Glaubensbekenntnis dazu auf, zu Handeln und Verantwortung zu übernehmen.
Ihre Theologie kam von und mit Menschen und richtete sich direkt an Menschen, wie zum Beispiel in Bibelarbeiten zusammen mit ihrer Freundin Luise Schottroff, mit welcher sie auch eine ökofeministische Annäherung an die Bibel verfasste. Ihre Theologie ist gekennzeichnet durch ihre vielen Erfahrungen, wie die in Lateinamerika, ihre Freundschaften, auch ihre Zurückweisung und ihren Widerstand, was sie zu einer kritischen, nach Fragen suchenden, für Marginalisierte einstehenden, feministischen, politischen, ihre Erfahrungen miteinander verbindenden, protestantischen Befreiungstheologin in Europa machte, die immer wieder neue Ausdrucksweisen suchte, um über Gott zu sprechen, wie Musik, Poesie, Malerei, und somit die „Theopoesie“ erschuf.
Diese Informationen stammen aus den Lehrveranstaltungen von Prof’in. Claudia Janssen: Einführung in die Theologische Geschlechterforschung (Sommersemester 2021), den Artikeln von Theoversity, Stephan Cezanne: Protestantische Prophetin. Vor 20 Jahren starb die Theologin Dorothee Sölle, 24.04.2023, Nancy Lukens: Dorothee Sölle, und Nina Streeck: Dorothee Sölle, in: Internetportal Rheinische Geschichte, 02.09.2016 (Alle Websiten wurden zuletzt am am 23.02.2025 abgerufen).
Foto: evangelisch.de
Sölle, Dorothee: Gesammelte Werke (1-12), Herausgegeben von Ursula Baltz-Otto und Fulbert Steffensky. Stuttgart. Kreuz.
Sölle, Dorothee: Gegenwind. Erinnerungen, Hamburg 1995.
Sölle, Dorothee: Mystik und Widerstand. „Du stilles Geschrei”, Hamburg 1997.
Werke in Zusammenarbeit mit Luise Schottroff:
Sölle, Dorothee/ Schottroff, Luise: Den Himmel erden. Eine ökofeministische Annäherung an die Bibel, München 1996.
Sölle, Dorothee/ Schottroff, Luise: Hannas Aufbruch. Aus der Arbeit feministischer Befreiungstheologie: Bibelarbeiten, Meditationen, Gebete, Gütersloh1900.
Mehr zu Dorthee Sölle auch auf #theoversity oder auf der Webseite über Dorothee Sölle.
Ein Beitrag von Luisa Kappes