Prof. Dr. Upolu Lumā Vaai ist Pfarrer der Methodistischen Kirche von Samoa, Hochschulleiter und Professor für Theologie und Ethik am Pacific Theological College in Suva, Fidschi.
Dr. Vaai begann sein Theologiestudium am St. John’s Trinity Theological College in Auckland, Aotearoa/Neuseeland. Nachdem er dort sein Theologie-Zertifikat erworben hatte, schloss er zwei Jahre später sein Theologiestudium am Piula Theological College in Samoa mit einem Diplom ab und erwarb an derselben Hochschule einen Bachelor of Divinity. Dr. Vaai absolvierte seinen Master in Theologie am Brisbane College of Theology in Australien und promovierte an der Griffith University in Brisbane, Australien.
Dr. Vaai befasst sich mit den relationalen Philosophien und Theologien des Pazifiks aus der Perspektive der Dekolonialisierung und mit der Fragestellung, wie diese die Entwicklungsmodelle und die öffentliche Politik im pazifischen Kontext in Frage stellen und verändern können. Dabei hebt Dr. Vaai die Intersektionalität zwischen der Trinität, der ökologischen und ökorelationalen Theologie, der Ökumene und den indigenen Philosophien hervor. Die Relationalität ist der rote Faden, der diese Themen miteinander verbindet und der es ihm ermöglichte, einen Ansatz zu entwickeln, den er „Whole of Life“ (engl. für ganzheitliches Leben) nennt. So erforschte er die Relationalität Gottes im Dirt (engl. für Schmutz, Dreck, Erde) nachzudenken.
In seinem Ansatz zur Dirtified Theology (Dirtified engl. für verschmutzt, verdreckt, schmutzig) macht Dr. Vaai deutlich, dass der Begriff Dirt aufgrund der deduktiven und exklusiven christlichen Theologien, die in den Pazifik eingeführt wurden, insbesondere in Bezug auf die Erlösung, oft negativ konnotiert ist.
Dr. Vaai zufolge seien die Menschen des Pazifiks aber sehr stark in ihrer Fauna (Land, Ozean, Himmel, Menschen) verwurzelt und identifizierten sich mit ihr; die Wörter „Land“ und „Dirt“ sind in vielen pazifischen Sprachen Synonyme für einander.
Die Theology of Dirt befasst sich mit drei Aspekten von Dirt. Erstens ist es ein Raum der Identität, zweitens ein Bewusstsein und drittens ein dekolonialer Rahmen für Befreiung und Selbstbestimmung. Die Dirtified Theology spiegelt wider, dass Dirt als integraler Bestandteil des Lebens des dreieinigen Gottes und die Gemeinschaften, die ihre Identität im Dirt sehen, untrennbar mit Gott verbunden sind. Gott begegnet den marginalisierten Menschen durch Dirt. Durch Christus im Geiste wird die göttliche Dirtifikation (engl. für Verschmutzung) oder die „down to dirt” (engl. runter bis zu dem Schmutz) als Initiative Gottes, in tiefer Solidarität mit den Dirt-Communitys stehend, deutlich.
Diese göttliche Dirtifikation, nach Dr. Vaai, bedeutet, dass das dirtified Bewusstsein in erster Linie Teil des Lebens Gottes ist. Bei Emmanuel geht es nicht nur um den göttlichen Entschluss, „mit uns” zu sein, sondern es geht darum, dass Gott im Herzen der Dirt-Communitys „mit uns“ zu Dirt wird, um im Herzen der dreieinigen dirtified Gemeinschaft wirklich „für uns“ zu Dirt zu werden. Die Behauptung hinsichtlich der dreieinigen dirtified Gemeinschaft „wir sind Dirt” im Leben Christi wird zu einer göttlichen Erklärung, die die Verletzung und Ausgrenzung von allem, was Dirt ist, als eine absichtliche Verletzung und Ausgrenzung Gottes verurteilt. Es ist ein göttliches Statement, dass es keine andere göttliche Ausdrucksweise befreiender und dirtified Liebe gibt, als dass Gott durch Christus im Geist zu Dirt „mit“ und „für“ uns wurde und wird. Gottes „Mit-Sein“ vollzog sich also immer im Rahmen des „Wir-Seins“ – der Erfüllung der Verheißung Gottes selbst.
Eine Herausforderung stellt sich dabei im Umgang mit der Kolonialisierung, Unterdrückung und Landnahme der im Pazifik lebenden Menschen. Ein dirtified Gott verändert die Perspektive und lädt uns zu einer „dirtfied way of life” (engl. schmutzigen Lebensweise) ein, um in Solidarität mit den Dirt-Communitys zu sein, um somit auch eine Geschichte des Seins und Werdens im Pazifik zu erzählen, in welcher das Denken und Leben in Dirt, ein Leben ist, das vom dirtfied Leben Gottes geprägt ist. Denn wie das Leben um einen herum (Nahrungsmittel, Medizin ect.) aus Dirt geschaffen ist, ist auch der Mensch aus Dirt geschaffen und nimmt seine Energien aus Dirt.
Die Aufgabe der Theology of Dirt, die eine Theologie von Dirt kommend und über Dirt handelnd ist, ist es, das göttliche Geheimnis für Dirt-Communitys verfügbar zu machen.
Die Informationen stammen aus dem Vortag von Prof. Dr. Upolu Luma Vaai beim Global Ecumenical Theological Insitute 2022 in Karslruhe, dem Austausch mit Dr. Vaai selbst, und der Internetseite des des Pacific Theological College und dem folgenden Artikel:
Vaai, Upolu Lumā: A Dirtified God. A Dirt Theology from the Pacific Dirt Communities, in: Havea, Jione: Theologies from the Pacific. New York 2021 (Postcolonialism and Religions), 15-30.
Upolu Luma Vaai and Aisake Casimira (Hg.): The ‘Whole of Life’ Way. Unburying Vakatabu Philosophies and Theologies for Pasifika Development, Suva 2024.
Weitere Literatur findet sich hier.
Sehen Sie hier eine Vorlesung mit dem Titel „Reveaving the Ecological Mat: A Quest for a Pasifika ‚Whole of Life‘ Philosophy of Development“ von Prof. Dr. Upolu Lumā Vaai beim Pacific Thought Network.
Foto: freundliche Genehmigung von Prof. Dr. Upolu Lumā Vaai
Ein Beitrag von Luisa Kappes